Freitag, 7. April 2017

Tag 18 - Von Plößberg nach Pilsen (16. März)

Um das Mal vorweg zu nehmen: Ich habe an diesem Tag zwei Mal geweint, ein Mal vor Wut und einmal vor Freude. Und dazwischen lagen etwa 30 Minuten.

Nachdem ich mehr oder weniger gut geduscht hatte, packte ich mein Zelt zusammen und brach auf. Google Maps schickte mich direkt in den Wald und der Weg war furchtbar. Ich kam wegen der zahlreichen Äste und der gleichbleibenden Steigung kaum voran und schrie irgendwann einfach laut in den Wald hinein, der den Schrei als Echo wieder zu mir zurück trug. Hossa, war das laut, dachte ich. 


Etwa zwei Kilometer vor der ersten Landesgrenze kamen dann viele Dinge zusammen: Kurzfristig meldete sich ein Typ von Couchsurfing, der doch noch ein Zimmer für mich in Pilsen hätte. Das Hotelzimmer hätte ich stornieren und somit 30 € sparen können, auf der anderen Seite hatte ich schlecht geschlafen und der schwere Weg durch den Wald hatte mich doch mehr erschöpft, als gedacht. Also rief ich meinen Papa an, um ihn um Rat zu fragen und insgeheim auch ein wenig, in der Hoffnung, er wurde mir zum Hotelzimmer raten, denn da wollte ich eigentlich hin, hatte aber ein schlechtes Gewissen, da ich dort so viel Geld ausgeben würde. Da ich ihn nicht erreichen konnte rief ich meine Mutter an, die mir glücklicherweise zum Hotelzimmer riet, genau wie mein Vater, der mich kurz darauf zurückrief. Immer noch ein wenig hin und hergerissen, unausgeschlafen und  genervt fuhr ich dann weiter und wollte zur Entspannung eine Playlist hören, die ich mir in Bayreuth zusammengestellt hatte. Doch die war nun auf einmal leer. Dann wollte ich einen Podcast von Olli Schulz und Jan Böhmermann hören, doch auch der war nicht mehr verfügbar, obwohl ich ihn mir extra heruntergeladen hatte. Dann funktionierte die Google-Maps-App nicht richtig und zeigte mir als nächstes immer noch den Supermarkt an, den ich als Zwischenstopp eingegeben und schon besucht hatte, auch als ich den als Zwischenstopp löschte, wurde er mir weiter angezeigt. Ich öffnete die App neu und hatte dann kein Internet, also keine Ahnung, wo genau es nun längs gehen sollte und wie lange der Weg noch war. So fuhr ich den ausgeschilderten Weg zur Landesgrenze und bekam immer noch kein Internet.


So wütend darüber, dass irgendwie nichts funktionieren sollte, fuhr ich also mit Tränen in den Augen und mit 50 km/h einen Berg hinunter. Passend dazu spielte mein iPhone im Zufallsmodus gerade ein trauriges Lied von Damien Rice. Im Fahrtwind bahnten sich die Tränen ihren Weg über meine Wangen. Es folgte die Landesgrenze und auf einmal hatte ich Internet. Der Weg wurde mir angezeigt und ich hatte die erste Landesgrenze geschafft. Außerdem ging es nun viel bergab. Über mir flog ein Adler und auf einem Feld sah ich einige Rehe. Mein iPhone spielte nun "Drive it like you stole it", ein Lied aus dem grandiosen Film "Sing Street" und das passte gerade so perfekt, nahm ich mein Leben doch gerade auch in die Hand und lebte es, wie ich es wollte, war mitten in einem richtigen Abenteuer. Dazu schien die Sonne, ein tschechischer Radfahrer winkte mir zu und sagte so etwas, wie "Hoi". Ich nehme mal an, dass heißt so etwas, wie "Moin", vielleicht aber auch "Dein knallroter Helm sieht wirklich bescheuert aus!". Jedenfalls freute mich diese erste Begegnung so und alles war auf einmal perfekt und ich bekam schon wieder Tränen in den Augen. Ich fuhr durch die erste tschechische Stadt, die Branka hieß und bekam so langsam einen Eindruck von diesem Land, in dem ich vorher noch nie gewesen war.  

  


Und parallel hatte ich zwei Gedankenstränge: Auf der einen Seite fand ich es aufregend, dass jeder Stein, jeder Baum, sogar jeder Grashalm hier mit dem Attribut "tschechisch" versehen werden konnte, auf der anderen Seite fand ich es komisch, dass die Dinge hier einen anderen Namen hatten, wo sie doch genauso aussahen, wie in Deutschland. Ich entdeckte viele baufällige Häuser, während ich mit gutem Tempo und davon abhängiger guten Laune weiterfuhr. Insgesamt ist mir aufgefallen, dass in Tschechien sehr viel neu gebaut wird, allerdings noch viele alte Häuser existieren. Meine erste Pause machte ich in einer Bushaltestelle und verarbeitete die neuen Eindrücke. Witzig fand ich, dass ich einige Stoppschilder nicht lesen konnte, da diese auf tschechisch geschrieben waren. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass ich durch massiv vergiftete Gegenden gefahren bin.


Neben den vielen baufälligen Häusern gibt es allerdings auch sehr viele schöne alte Gebäude, die man unbedingt in diesem antiken Zustand lassen sollte. In Tschechien gibt es übrigens für das Wort "Müll" einen anderen Ausdruck, nämlich "Straßenrand". Der ist nämlich voll mit Flaschen und anderem Müll. 


Ich fuhr über sehr wenig befahrene Landstraßen immer weiter in Richtung Pilsen. Je näher ich der Stadt kam, desto mehr Autos fuhren nun auf meinem Weg.


Außerdem fuhr ich nun nicht mehr 20 km lange Wege entlang, sondern durch mehrere kleine Straßen, die mich bis nach Pilsen führten. Dort tauschte ich das erste mal Geld und machte mich dann auf den Weg zu meinem Hotel. Dieses war für den Preis unfassbar luxuriös. Passend dazu kaufte ich mir mein Essen dann natürlich bei McDonald's und machte es mir gemütlich.

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