Mittwoch, 8. März 2017

Tag 2 - Von Bremen nach Osnabrück (28. Februar)

Nachdem mich die warme Dusche am Morgen richtig geweckt und ich für den Tag ein paar Sachen im Supermarkt gekauft hatte, ging es nun weiter nach Osnabrück. Schon für Montag war das Wetter eher schlecht angesagt, doch nach viel Sonnenschein, ein wenig Wind und noch nicht einmal dreißig Minuten Regen, war ich sehr optimistisch. Für ungefähr 10 Meter. Dann merkte ich schon, dass der Wind heute deutlich stärker war, als es am Tag zuvor der Fall gewesen war. Ich kämpfte mich durch Bremen, versuchte mich für die eigentlich schöne Sicht auf die Weser zu begeistern und war dann sehr schnell sehr frustriert.
Mit ein wenig Traubenzucker versuchte ich mir einen kleinen Energieschub zu geben, doch der Wind nervte. Ich konnte nicht einmal Musik hören, die mich hätte beruhigen können. 
Doch dann sah ich auf einmal ein bekanntes Gesicht: Einen YouTuber namens Fabian, der satirische Videos macht und die sind sogar ziemlich gut. Schaut mal hier vorbei! Ich habe ihn auf seine tolle Arbeit angesprochen, er hat sich sehr gefreut und mich auch zu meiner Fahrradreise ausgefragt. 


Das nette Gespräch hat mich für ungefähr 5 km motiviert, doch der Gegenwind wurde immer stärker, besonders, als ich aus Bremen raus war. Wieder fuhr ich durch die immergleichen Dörfer und Städte, doch dieses Mal begann es mich zu nerven. Wenn der Wind schon ununterbrochen winden musste, konnte die Aussicht doch wenigstens schön sein, stattdessen: Apotheke, Bäcker, Edeka/Aldi/Rewe, Friseur, Landstraße. Dann: Apotheke, Bäcker, Edeka/Aldi/Rewe, Friseur, Landstraße. So, als hätte der Weltenerschaffer mit copy und paste versucht die Lücken zwischen der Großstädten zu füllen. Irgendwie wahrscheinlich ein wenig möglicherweise unter Umständen nach neuesten Erkenntnissen tatsächlich so, wie ein Schüler, der mit Füllwörtern versucht seinen Aufsatz ein wenig länger wirken zu lassen. 
Eigentlich wollte ich erst nach der Hälfte der Strecke eine Pause machen, aber ich war so tierisch genervt, dass ich mich entschloss bei einem Bäcker einen Kakao zu trinken und noch irgendetwas maximal Ungesundes zu essen. Allerdings hätte ich etwas Hemmungen mein Fahrrad unbeaufsichtigt irgendwo stehen zu lassen. Natürlich habe ich es zweifach abgeschlossen, aber die Taschen konnte ich nicht sichern und so suchte ich mir einen Bäcker, bei dem ich mich reinsetzten und gleichzeitig mein Fahrrad im Blick behalten konnte. Als dieser gefunden war, entdeckte ich ein Schild, das mir sagte, dass ich mein Fahrrad hier nichts hinstellen durfte und ich war so mies gelaunt, dass ich wütend wurde, als ich nur daran dachte, dass irgendjemand mein Fahrrad dort wegstellen oder mich darauf ansprechen könnte. Letztendlich passierte natürlich nichts, außer, dass ich meine, trotz der kurzen Strecke, verdiente Pause genoss. Neben mir saß eine ältere Frau, die mich und meine Reiseaustattung interessiert beäugte und normalerweise wären wir wahrscheinlich ins Gespräch gekommen, doch darauf hatte ich jetzt keine Lust, hätte ich ihr doch jetzt nur erzählt, wie sehr mich dieser scheiß Wind nervte. So konzentrierte ich mich voll und ganz auf den Mohnstrudel, der vor mir immer weniger wurde. 


Doch danach ging es mit vollem Magen und so windig, wie vorher weiter. Teilweise bin ich mit 9 km/h einen Berg hinuntergefahren, obwohl ich mit aller Kraft in die Pedale getreten habe. Das erste Mal dachte ich mir: Vielleicht war das Ganze doch keine gute Idee. Was hätte ich in der Zeit noch alles machen können? Ich hätte ein Buch schreiben können, ein neues Musikinstrument lernen oder gleich eine neue Sprache. Ich hätte auch einfach mehr Laufen gehen und im Garten zelten können. Und ich war auf einmal genervt von allen, die mir gesagt hatten: Das wird sicher toll und du wirst so viel draus lernen und so viel für dein späteres Leben mitnehmen. Doch das einzige, was ich gelernt hatte, so schien es mir in diesen Momenten, war, dass Wind scheiße ist. Einfach nur scheiße. Und ich dachte mir, dass man den scheiß Wind doch eigentlich auch nicht brauchte. Wozu denn? Um Blumensamen fortzutragen? Das geht doch auch anders, mit Bienen oder mehr Pusteblumen oder so. Keine Ahnung, was weiß denn ich. Und dann habe ich mich darüber aufgeregt, dass für das Wetter keine Person zuständig ist, die ich hätte besuchen können und anschreien, was das denn soll mit dem scheiß Wind. 
Und irgendwann hatte ich mich dann so in der Wut verrannt, dass ich über mich doch ein wenig lachen musste. Nach ungefähr 50 km durchgehend Gegenwind, wurde das Wetter dann auch etwas besser und ich hörte mir ein weiteres Hörspiel an, weil ich das am Tag zuvor doch sehr genossen hatte. Die Wahl fiel auf "Küss den Frosch". Obwohl ich die Idee und ein paar Charaktere sehr schön fand, war mir die Story doch etwas zu unoriginell, als Ablenkung von dem Wind aber ganz gut. Etwas gruselig allerdings war, dass ich während des Hörens an zwei toten Fröschen vorbeigefahren bin. Bei "Küss den Frosch"...
In der noch etwas windigeren Phase fuhr ich durch ein Dorf, in dem gleich zwei Häuser gab, die wie Burgen gebaut waren oder Burgen, die als Häuser dienten. Sehr merkwürdig auf jeden Fall.


Dann allerdings kam das nächste Problem: Für meine Übernachtungsmöglichkeit, die ich über die App "Warmshowers" kontaktiert hatte, musste ich um 20 Uhr in Osnabrück sein. Durch die längere Pause, eine Durchschnittsgeschwindigkeit von vielleicht 12 km/h und meiner sich immer mehr bemerkbar machenden Erschöpfung wurde mir klar, dass ich das nicht mehr schaffen würde. Ich musste nach einer Alternative suchen. Nachdem ich durch einen sehr verlassenen Campingplatz gefahren bin, vorbei an einem Kiosk, an dem im Sommer sicherlich viele Kinder ihre Eltern um Geld für ein Eis anbetteln, vorbei an einem Restaurant, das natürlich auch geschlossen hatte und einen Weg an einem schönen See entlang, auf dem in der wärmeren Jahreszeit viele Boote unterwegs sind. Und so war es ziemlich komisch durch diesen Urlaubsort zu fahren, der so leer war und alles andere als Urlaub ausstrahlte. Der ganze Weg durch diesen Abschnitt sagte mir: Du bist ganz eindeutig zur falschen Zeit gekommen! Ein paar Jogger sind mir dann doch begegnet, die wie ich den Ausblick auf den schönen See genossen und so entschied ich mich hier eine kurze Pause zu machen, um nach einer neuen Übernachtungsmöglichkeit in Osnabrück zu suchen. Schnell war ein Hostel gefunden und nach einem Anruf geklärt, dass noch genug Plätze frei wären, ich müsste nur bis 21 Uhr da sein. Kein Problem, dachte ich, denn das Wetter war ja besser geworden. Die letzten Stunden der Fahrt allerdings waren die schlimmsten.
Es begann zunächst zu regnen-alles noch kein Problem, lediglich mein Handy, das mich navigieren sollte spinnte dadurch etwas, sodass ich oftmals stoppen und die Handschuhe ausziehen musste, um wieder in die richtige Ansicht der Google Maps-App zu gelangen. Diese hat mich dann durch einen Waldstück geführt, dessen Weg durch den starken Niederschlag voller Schlamm war. Fahren war nicht mehr möglich und nachdem ich mit den Füßen schon komplett im Schlamm versunken war, ging der Weg nun auch noch bergauf. Also musste ich das schwere Fahrrad samt Gepäck durch den Schlamm schieben. Da gibt es spaßigere Beschäftigungen. 
Kurz nach Sonnenuntergang begann es dann richtig zu schneien und auch der Wind nahm wieder zu. Durch den Schnee, der mir direkt in die Augen geweht wurde, konnte ich nun die Straße nicht mehr richtig sehen. Ich musste also eine Brille aufsetzten, leider habe ich nur eine Sonnenbrille dabei und durch den Schnee, der nun auf die Brille geweht wurde, konnte ich ebenfalls nicht viel sehen. Immerhin ging es nun bergab. Durch den Zeitdruck konnte ich es mir allerdings nicht leisten den Berg langsam herunter zu fahren. Im Nachhinein bin ich wirklich froh, dass ich das Ganze so gut überstanden habe. 
Um 20:55 Uhr kam ich dann in dem Hostel im nicht wirklich schönen Osnabrück an. Leider lag dieses in der dritten Etage eines Hauses, sodass ich, von der Fahrt total erschöpft mit starken Schmerzen in den Beinen und besonders in den Knien, das gesamte Gepäck nach oben tragen musste. Auch das Fahrrad habe ich zur Sicherheit in der zweiten Etage des Treppenhauses angeschlossen.


Nach einem aufbauenden Anruf bei meiner Familie, habe ich mir dann eine Pizza bestellt. Die habe ich dann mit einer Folge "How I met your mother", die ich mir wohl irgendwann mal runtergeladen habe, genossen. Völlig fertig bin ich dann ins Bett gefallen und konnte dennoch nicht einschlafen. Denn auf der einen Seite musste ich meine klitschnassen Klamotten trocknen und auf der anderen Seite heizte die Heizung mit der ich dies versuchte das kleine Zimmer so auf, dass ich nicht richtig einschlafen konnte. Irgendwann war dann ein Mittelweg gefunden und ich legte mich mit schmerzenden Knien wieder hin und schlief ein.

3 Kommentare:

  1. Sehr spannend zu lesen! Weiter so :) Ich wünsche dir gutes Radelwetter!

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  2. Deine kafkaeske Lyrik umschmeichelt meine Großhirnrinde wie der Wärme Sommermorgen den jungen Werther

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  3. Ja, das schöne Bremen. Je weiter man in den Süden kommt, desto mehr spannende Route findet man. Ich bin letzt bis zum Berwang Hotel durch Österreich geradelt, muss man auch mal erlebt haben, es war fantastisch.

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