Dienstag, 30. Mai 2017

Tag 71-75 - In Wertach (08.-12. Mai)

Nach über zwei Monaten auf dem Fahrrad ohne längere Pausen, hatte ich mich dazu entschieden in Wertach im Allgäu fünf Tage Urlaub zu machen. Hinzu kam, dass mein Fahrrad repariert werden musste - ein perfekter Zeitpunkt also für ein paar freie Tage. In Wertach war ich vor vier Jahren bereits mit meiner Familie, sodass ich den Ort immerhin ein wenig kannte. Dort bin ich im Ferienhaus Guckler untergekommen und hatte dort im Zimmer auch eine Kochnische. Leider funktionierte das WLAN nur im Badezimmer und in der Küchenzeile ganz nah an der Wand. YouTube-Videos konnte ich also nur beim Kochen oder auf Toilette angucken. Ich räumte mein iPad etwas auf und konnte so ein paar Serienfolgen runterladen, um sie mir auch am Schreibtisch oder im Bett anzusehen.

Montag, der 08. Mai

Diesen Tag nutzte ich zunächst, um mein Fahrrad in die nächste Werkstatt zu bringen. Dort sagte man mir, dass die Reparatur wahrscheinlich um die 165€ kosten würde, also deutlich günstiger, als in München. Ich wusste mein Rad in guten Händen und freute mich schon darauf es in wenigen Tagen wieder abzuholen. 
 
Danach ging ich für die gesamte Woche einkaufen. Neben Cornflakes, Gemüse, Süßigkeiten kaufte ich auch einige Zutaten für Kaiserschmarrn, denn ich vermisste das Kochen und wollte die Küchenzeile ausnutzen. Den Großeinkaufen verfrachtete ich in zwei Taschen und schleppte diese dann den kurzen Weg in meine Ferienwohnung. Da es ununterbrochen regnete, machte ich Kaiserschmarrn und sah mir einige Folgen vom "Tatortreiniger" (ich bin ein großer Fan geworden) und "American God" an.
 

Dienstag, der 09. Mai

Wieder regnete es ziemlich und noch dazu verschlief ich etwas. Schnell machte ich mich auf zum Fahrradladen, um den aktuellen Stand der Reparatur zu erfragen. Dort gab es leider schlechte Nachrichten: Die mittlere Rizzel, die ausgetauscht werden musste, war einzeln nicht mehr vor Juni zu haben und deshalb wurden alle ausgetauscht. So stieg der Preis auf 275€, ein Preis, der dafür und für die Arbeitszeit sehr günstig ist, für mich aber eben ziemlich teuer war. Zum Glück habe ich von meinen Eltern da Unterstützung bekommen. 
 

Mittwoch, der 10. Mai

Ich nutzte das nun endlich gute Wetter aus und ging zum ersten Mal seit Venedig wieder eine Runde Laufen. Die Fahrradschuhe waren dafür zwar nicht optimal, aber die Aussicht auf die Berge war einfach fantastisch. Ich lief um den ganzen Grüntensee eine Strecke von insgesamt über 13 km, war mit meiner Zeit aber sehr unzufrieden. 
 
Gerade bei dem Gedanken, dass mein Papa mich für Ende Juni in Hamburg für einen Halbmarathon angemeldet hatte. Den vierten Platz in meiner Altersklasse (von fünf Teilnehmern) vom Vorjahr möchte ich schließlich verteidigen. Bei der Hälfte der Strecke machte ich bei einem Kletterpark noch eine Pause. 
 
Vor vier Jahren war ich dort mit meiner Familie und es war seltsam nach all den Jahren wieder an den Ort zurück zu kehren. Bei der Slackline-Anlage legte ich eine kleine Balancier Session ein und lief dann zurück. 
Zurück in der Ferienwohnung machte ich mir ein Rührei und sah weitere Folgen des Tatort-Reinigers. 
 

Donnerstag, der 11. Mai

Endlich hatte ich mein Fahrrad wieder. Ich hatte das Gefühl direkt einige km/h schneller fahren zu können und nutzte das gute Wetter, um mit dem Rad wieder zur Slackline-Anlage zu fahren. Dort hörte ich ein paar Podcasts, während ich über eine Stunde lang von einer Seite zur anderen balancierte. Doch leider wurde das Wetter schlechter und es begann zu regnen. Eigentlich hatte ich noch geplant eine Alm zu besuchen, doch wegen des Wetters verschob ich das auf den nächsten Tag. Dafür kümmerte ich mich im Trockenen um meine Weiterfahrt.
 

Freitag, der 12. Mai

Diesen Tag nutzte ich, um einige Blogeinträge zu schreiben, aufzuräumen und Zimmer für die nächsten beiden Nächte zu buchen. Da ich bei dem Urlaub in Wertach mit meiner Familie vor vier Jahren am letzten Tag die "Alpe Sorg 1" besucht hatte, nahm ich mir das für meinen letzten Tag auch vor. Mit dem Fahrrad fuhr ich bei leichtem Regen den schönen Weg hoch und fand eine sehr verlassen wirkende Hütte vor. 
 
Als ich den Gaststätte betrat, war alles leer, lediglich aus der Küche hörte ich zwei sich unterhaltende Männer. Ich wollte nicht laut "Hallo" rufen, aber auch nicht an der Küchentür anklopfen, also betrat ich den Raum noch einmal etwas lauter, in der Hoffnung gehört zu werden, doch das war leider nicht der Fall. Also studierte ich die Speisekarte sehr ausgiebig, bis der Wirt kam und mir verriet, dass sie noch gar kein Essen da haben würden, dafür aber etwas zu trinken. 
 
Ich bestellte ein Amldudler und saß dann ganz alleine an einem der Tische, als der Wirt wieder reinkam und mich zu sich und seinem Freund in die Küche bat. Dort wechselte das Gespräch zwischen Fragen an mich über meine Reise zu einem nicht verständlichen Gespräch der beiden auf Bayrisch über eine Frau. Außerdem fragte mich der Wirt, ob ich nicht vor drei/vier Jahren mit meinen Eltern schon einmal da gewesen wäre. Entweder sagt er das zu jedem Gast oder ich muss ziemlich auffällig gewesen sein. Irgendwie gefreut hat es mich auf jeden Fall trotzdem. Das Almdudler musste ich nicht bezahlen und so fuhr ich glücklich über diese nette Begegnung zurück in die Ferienwohnung.

Montag, 29. Mai 2017

Tag 70 - Von Fuchstal nach Wertach (07. Mai)

Wenn man mit ganz niedrigen Erwartungen an Dinge rangeht, kann man nicht so leicht enttäuscht werden, doch der 07. Mai tanzte Limbo unter meinen sehr niedrigen Erwartungen an den Tag. Dabei fing der Tag recht gut an, mit einem leckeren Frühstück inklusive drei Brötchen und einer Brezel - übrig geblieben ist da nichts. So war ich gestärkt und doch direkt sehr niedergeschlagen, als ich einen vorsichtigen zweifelnden Blick aus dem Fenster warf. Holt die Rettungsbote oder gleich die Arche Noah, diese Flut überleben wir nicht, dachte ich. Es regnete ziemlich heftig und ich fragte mich, wie fiel Regen wohl in so eine Wolke reinpasst. Die Antwort: Genug, um mir den Tag so richtig zu versauen. 
 
Ich hüllte mich in meine regenfeste Kleidung und fuhr los. Der Regen war zwar nervend, aber wirklich störend war der verdammte Wind. Als ob nicht eines von beiden schon reichen würde. Um mein Tempo noch etwas zu drosseln, ging es einen Großteil der Strecke auch noch bergauf. Hinzu kam, dass ich mit meinem Fahrrad zu kämpfen hatte, denn ich konnte nur auf höchster oder niedrigster Stufe fahren, wenn ich wollte, dass die Kette nicht andauernd übersprang und das das wollte ich. Ein Highlight war dann, als es einen Kilometer bergab ging und ich über 20 km/h fahren konnte. 
Ich hatte zwar nur ungefähr 55 Kilometer vor mir, aber seltsamerweise kam mir das Ganze deutlich länger vor. Während der Reise musste ich feststellen, dass die Länge der Strecke alleine überhaupt gar nichts darüber aussagt, wie lange man radeln musst und erst recht nicht, ob der Weg einfach zu fahren ist. Fünf Kilometer Schotterweg, Regen, Wind und Berge, über die man drüber muss, können da die Laune in den Keller bringen und in eine kleine dunkle Truhe einsperren und diese dann im Meer versenken.
So war ich unheimlich froh, als ich das "Wertach"-Ortsschild sah. 
 
Vor vier Jahren habe ich mit meinen Eltern und meiner Schwester dort Urlaub gemacht und tatsächlich kamen die Erinnerungen an den Ort direkt wieder, als ich dort ankam. Wenige Kilometer vor der Unterkunft sah ich eine Gaststätte und überlegte dort einen Kaiserschmarrn zu essen, als ich jedoch sah, dass dieser ganze 7,50€ kosten sollte, beschloss ich mir am nächsten Tag die wenigen Zutaten im Supermarkt zu kaufen und selbst einen zu machen.
In dem Ferienhaus wurde ich sehr nett empfangen und man zeigte mir meine Ferienwohnung, die aus einem Zimmer mit Doppelbett, Fernseher und Küchennische sowie einem Badezimmer bestand. Ich war unglaublich glücklich über diese schöne Unterkunft und erholte mich erst einmal von dem anstrengenden Tag. 

Tag 69 - Von München nach Fuchstal (06. Mai)

Nachdem ich in München bei den Graeves so unglaublich nett und gastfreundlich aufgenommen wurde, fiel mir der Abschied sehr schwer, auf der anderen Seite hatte ich die schöne Aussicht auf eine Woche Pause im Allgäu. Also packte ich routiniert meine Sachen zusammen und kaufte im Supermarkt noch etwas Proviant ein.
 
Bei ziemlich gutem Wetter ging es dann los, doch schnell bekam meine gute Laune einen heftigen Dämpfer: Die Kette sprang die ganze Zeit über. Ich konnte nicht richtig in die Pedale treten und hatte noch fast 100 km vor mir. Außerdem war ich um 13 Uhr recht spät losgefahren und hatte eigentlich keine Zeit, um mich um ein weiteres Problem zu kümmern. Doch leider war es einfach nicht möglich schnell zu fahren und so suchte ich auf Google Maps nach einem Fahrradladen in der näheren Umgebung. Da es Samstag war, hatten die meisten schon zu, doch zum Glück fand ich einen, der nur etwa 2 km von mir entfernt war. Dort angekommen wurde ich leider wieder enttäuscht, denn erst einmal bekam ich die schlechte Nachricht, dass die Fahrradkette und die Zahnkränze komplett ausgetauscht werden mussten. Außerdem sagte man mir mehrfach, dass das "richtig teuer" werden würde. Da steigt die Laune natürlich. Da macht man sich wochenlang Gedanken, ob man ein schönes Hotelzimmer für 50€ oder ein weniger schönes für 40€ nehmen soll und dann hört man von ungefähr 250€ Reparaturkosten. Aber was muss, das muss. Ich wollte ja schließlich weiter und eine richtige Alternative hatte ich nicht. Gut, ich hätte mein Fahrrad als Roller nutzen können, aber das nimmt dann wieder ein bisschen Tempo. Doch dann erfuhr ich, dass der Fahrradladen am Samstag gar keine Reparaturen machte. Der Mitarbeiter war sehr bemüht und fragte noch mal beim Chef nach, ob sie nicht doch eine Ausnahme machen könnten, doch das war leider nicht möglich. Meine Kette wurde noch geölt und für mich ging es weiter...so gut es ging...
 
Ich fuhr nun entweder auf der höchsten oder niedrigsten Stufe, da die mittlere Ritzel völlig abgenutzt war. So sprang die Kette nicht mehr über, aber die Fahrt wurde schon deutlich erschwert und ich war einfach tierisch genervt. Nur die Sonne schein fröhlich vor sich hin und tat so, als wüsste sie von nichts. Vorsichtig fuhr ich weiter und versuchte das Beste aus der Situation zu machen - etwas ändern konnte ich schließlich nicht, jetzt hieß es einfach bis nach Wertach kommen und dort das Fahrrad reparieren lassen. 
 
Das gute Wetter konnte ich sogar ganz gut genießen und die Musik, die laut aus meinem iPhone schepperte, hob meine Laune auch etwas. Außerdem war ich sehr froh, dass ich München verlassen hatte, denn in der Stadt verbringt man als Fahrradfahrer ziemlich viel Zeit mit dem Warten an Ampeln. Oft steht man da Minute lang, alle warten, keiner fährt und man fragt sich: "Ja, worauf genau warten wir hier eigentlich genau?" 
Zum Glück also keine Ampeln weit und breit nur Fahrradweg und Wiesen - herrlich.
 
Als ich einem mit dem Auto verirrten alten Pärchen helfen wollte, merkte ich, wie weit ich von der nächsten Großstadt entfernt war, denn ich hatte keinen Internetempfang. Doch zum Glück war der gesuchte Ort auch offline bei Google Maps zu sehen, sodass ich den Beiden immerhin die richtige Richtung sagen konnte. "Habe ich dir doch gesagt", sagte die Frau noch zu ihrem Mann, dann fuhren die beiden weiter. Auch ich fuhr weiter und kam gerade, als es zu regnen anfing bei der Gaststätte an, die auch kleine Zimmer vermietete. 
 
Genervt von dem reparaturbedürftigen Fahrrad rief ich zu Hause an und hatte ein aufbauendes Gespräch mit meinem Vater, der mir auch für den kommenden Tag Mut machte, denn für den war das Wetter eher suboptimal angesagt. Ich aß in der Gaststätte noch etwas, sah mir auf Amazon Prime einen Film an und genoss den Abend vor dem furchtbaren nächsten Tag voller Regen, Wind und Berge.  

Mittwoch, 17. Mai 2017

Tag 68 - In München (05. Mai)

Da ich ein bisschen Schlaf aufzuholen hatte, schlief ich ein wenig länger, bevor ich mich auf den Weg nach München machte. Ohne Gepäck konnte ich deutlich schneller fahren, doch nervte mich der Regen ziemlich, der überraschend nach ein paar Minuten Fahrt einsetzte. In München fuhr ich erst einmal ohne wirkliches Ziel durch ein paar Parks und aß dann noch einmal bei Vapiano, um das Triple voll zu machen. Dieses Mal ganz entspannt. 
 
In der Hugendubel-Buchhandlung, die nur ein paar Meter entfernt war, stöberte ich ziemlich lange in den Buchregalen und entdeckte einige neue Bücher für meine Wunschliste. Für ein paar Minuten setzte ich mich dort hin und las in "Diese Lücke, diese entsetzliche Lücke" von Joachim Meyerhoff, ein Buch, das ich nach den paar Minuten unbedingt zu Ende gelesen hätte, doch ein weiterer Prohrammpunkt stand noch an.
 
In einem leider nicht wirklich sauberen Kino in München sah ich mir die Buchverfilmung "Sieben Minuten nach Mitternacht" an. Das Buch von Patrick Ness und besonders die tollen Illustrationen von Jim Kay (der nun alle "Harry Potter"-Bücher illustriert) haben mir vor ein paar Jahren beim Lesen so gut gefallen, dass ich seit der Bakanntgabe einer Verfilmung darauf gewartet hatte ihn endlich im Kino zu sehen. Der Moment war nun gekommen, doch leider hatte ich Pech und hinter mir saßen zwei junge Frauen, die den Film irgendwie nicht richtig gecheckt und an den unpassendsten Stellen gelacht haben. Dennoch konnte der Film mich absolut überzeugen, visuell und besonders schauspielerisch.
 
Danach ging es auch schon wieder zurück, allerdings merkte ich auf dem Rückweg, dass die Kette von meinem Fahrrad oft übersprang. Ich vermutete, dass es daran lag, dass ich sie lange nicht mehr geölt hatte, doch leider sollte das noch für viel größere Probleme sorgen...

Montag, 15. Mai 2017

Tag 67 - In München (04. Mai)

In Bussen kann ich ziemlich schlecht schlafen und wenn ich es dann doch irgendwie schaffe, dann wache ich mit schmerzenden Beinen auf, weil die für einen Sitzplatz im Bus einfach zu lang sind, habe Mundgeruch und fühle mich noch müder, als wenn ich die Nacht einfach durchgemacht hätte. So hatte ich beschlossen die Busfahrt mit dem Angucken von YouTube Videos zu verbringen, doch leider verfügte der Bus von "Helmuts Reisen" über kein WLAN. Als 19jähriger Internetjunkie wusste ich dann gar nichts mit meiner Zeit anzufangen. Also hörte ich sehr leise Musik, weil meine Kopfhörer ein bisschen kaputt sind und aß etwas. Und dann bin ich doch noch so drei Stunden eingeschlafen.
 
Nach der anstrengenden Busfahrt war ich dann sehr froh endlich in München angekommen zu sein. Doch bevor ich dort zu meiner Übernachtungsmöglichkeit konnte, hatte ich noch etwas Zeit rumzukriegen. Ich fuhr mit dem Fahrrad ein wenig durch München, suchte mir einen netten Park und setzte mich dort auf eine Bank. Ich aß "Frühstück" oder mein zweites Abendessen, wie es sich für mich nach dem wenigen Schlaf anfühlte. Dabei hörte ich einen Podcast und wurde von zwei Geschäftsmännern angesprochen, die anscheinend in ihrer Pause durch den Park spazierten. Sie zeigten sich sehr interessiert und der eine erzählte mir, dass er auch ein Fahrrad von VSF, wie ich hat und wie zufrieden er damit sei. 
 
Einfach, weil es so viel günstiger, als in Genf war, aß ich Mittag bei Vapiano, machte mir dabei aber die ganze Zeit Sorgen, um das Gepäck an meinem Fahrrad, dass ich nicht so richtig sichern konnte. 
Beim Essen ist mir dann so richtig aufgefallen, wie sehr ich mich freute wieder in Deutschland zu sein. Einfach, weil man alle Menschen um einen herum versteht. In Ländern, in denen weder Englisch noch Deutsch gesprochen wird, fühlt man sich schnell als Außenseiter, als würde man nicht wirklich dazugehören. 
 
Mitten in München sah ich noch einige Surfer, die mitten in einem Fluss abwechselnd auf einer "Welle" surften. Das ganze sah so cool aus, dass es mich wunderte, wie die Surfer dabei einen Gesichtsausdruck draufhatten, als würde ihnen das Surfen so gar keinen Spaß machen. Sie redeten auch nicht untereinander, sondern surften ein wenig, fielen ins Wasser, schwammen zurück an Land und stellten sich dann wieder an.
 
Bei leichtem Regen ging es dann etwa 15 km östlich von München zu meiner Übernachtungsmöglichkeit für die nächsten beiden Nächte. Ich konnte bei Frank (dem Bruder von Arndt, bei dem ich in Koblenz übernachtet hatte und Kerstin, bei der ich in Mainz übernachtet hatte) und seiner Frau Steffi übernachten, die mit ihren beiden Kindern in der Nähe von München leben. Ich wurde von Ben, dem Sohn begrüßt, der mir mein Zimmer zeigte, das genau wie bei Arndt über ein Heimkino verfügte. Außerdem hatte ich mein eigenes Bad. Neben dem tollen Zimmer habe ich mich besonders über die Gastfreundschaft der gesamten Familie gefreut. Hier konnte ich mich wirklich wie zu Hause fühlen. 

Tag 66 - Von Motz nach Genf (03. Mai)

Ganze elf Stunden habe ich geschlafen, konnte danach allerdings leider nicht viel frühstücken, da ich am Tag zuvor keinen Supermarkt gefunden hatte. So nutzte ich den Morgen, um meine Sachen zu packen und im Internet nach einer Bäckerei und einem Supermarkt auf meinem Weg in Richtung Genf zu suchen. Schließlich musste ich Essen und Trinken für den ganzen Tag und die folgende Nacht im Bus kaufen und das, bevor ich in der Schweiz war, denn auch noch Geld wechseln wollte ich nicht.
 
Der Himmel war sehr bewölkt, aber es ging zunächst bergab, was meine Laune steigerte. Der Bäcker, den ich im Internet herausgesucht hatte, war schnell gefunden und noch dazu ein ziemlich toller. Die zwei Baguettes, die ich dort kaufte waren noch warm und dufteten so lecker, dass ich direkt ein Stück probieren musste und es waren wirklich ungelogen die besten Baguettes, die ich je gegessen habe. Danach ging es zum Supermarkt, der jetzt nicht so besonders war, eben einfach ein Supermarkt.
 
Es war zwar immer noch etwas bewölkt und windig, auch ging es oft bergauf, aber die schöne Aussicht, die sich mir immer wieder bot, machte all das wieder gut. Da mein Bus erst um 23:55 Uhr in Genf abfahren würde, hatte ich noch viel Zeit und konnte entspannt weiterfahren. 
 
Bei einer Kirche machte ich eine Pause, die eine der skurrilsten meiner Reise werden sollte. Zunächst sah ich einen Jungen, der Gassi mit seinem Hund ging. Das Mächteverhältnis schien noch nicht ganz so geklärt - der Hund zerrte an der Leine und der Junge hatte Mühe sie zu halten. Dann kam der Junge auf die grandiose Idee einen Stock zu werfen, während der Hund noch an seiner kurzen Leine war. Der Stock war geworfen, der Hund wollte hinterher und der Junge wurde mitgezogen. Als Junge und Hund weg waren, fuhren auf einmal drei bis vier Autos auf den Parkplatz der Kirche und eine Gruppe Rentner mit knallgelben Wahnwesten stieg aus. Sie kamen auf mich zu, fragten mich etwas auf französisch, leider konnte niemand Englisch. Sie liefen suchend um das Gebäude herum und versuchten alle nacheinander die Tür aufzumachen, neben der die Bank war, auf der ich saß. Die war verschlossen, auch als der zehnte es versuchte. Dann stiegen sie wieder in das Auto und fuhren weg.
 
Die Grenze von Frankreich zur Schweiz bekam ich dann gar nicht mit. Als ich auf Google Maps nachgucken wollte, wann ich denn in der Schweiz sein würde, war ich schon drinnen. Einen großen Unterschied zwischen den Ländern konnte ich auch nicht feststellen - es reden alle französisch und alles ist zu teuer. Kurz vor Genf machte ich unter einer Brücke eine kleine Umziehpause und tauschte die Radhose gegen eine normale kurze Hose, die ich auf der langen Busfahrt doch lieber anhaben wollte, als eine enge Radhose. 
 
In Genf suchte ich erst einmal die Bushaltestelle, damit ich sie später leichter finden würde und aß dann etwas bei Vapiano. Für eine Pizza Margherita, eine Cola und zwei kleine Gebäckteilchen habe ich dort über 22€ bezahlt. In Slowenien hätte ich dafür ein Zimmer für eine Nacht bekommen...
 
Die restliche Zeit vertrieb ich mir damit am schönen Genfer See zu sitzen und die schöne Stadt mit den imposanten Bergen im Hintergrund zu bestaunen. Ich telefonierte noch mit meinen Eltern und fuhr dann ein paar Runden durch einen angrenzenden Park. Danach fuhr ich noch ein paar Kilometer am Genfer See entlang und setzte mich dort wieder auf eine Bank, um ein paar WhatsApp-Nachrichten zu beantworten. 
 
Beim Busbahnhof angekommen, hatte ich noch einige Zeit rumzukriegen. So unterhielt ich mit einem anderen Wartenden, Karim aus Algerien. Wir sprachen über die zu teuren Preise in der Schweiz, seinen in Karims Augen zu gut bezahlten Bruder und deutsches Bier. Er wollte nach Frankreich, doch wie sich herausstellte, war sein Bus schon weg, sein Handy-Akku fast alle und so sah ich für ihn nach, wann der nächste Bus in seine Richtung abfahren würde. Auf den hätte er noch über sechs Stundne warten müssen, also überlegte er sich Alternativen, als etwa 20 Minuten, bevor mein Bus abfahren sollte ein Bus der Firma "Helmuts Reisen" auf den Parkplatz fuhr. Er überlegte, ob dieser vielleicht nach Frankreich fahren würde und ich ermutigte ihn dort einfach nachzufragen. Er ging zum Bus und kam mit den Worten "This is your bus" zurück. Das konnte ich nicht so wirklich glauben, schließlich wartete ich auf einen grünen Flixbus. Doch als ich den Fahrer fragte, stellte sich tatsächlich heraus, dass das der Bus sein würde. Eine richtige Halterung für mein Fahrrad gab es nicht, so kam es einfach zu dem restlichen Gepäck. Einer der Fahrer machte mich darauf aufmerksam, dass ich zu viel Gepäck dabei hätte und ich log, dass ich bei der Flixbus-Hotline angerufen hätte und die gesagt hätte, dass das so okay wäre. Bei dem Bus konnte ich mit meiner Lüge sehr gut leben.
 

Tag 65 - Von Pressins nach Motz (02. Mai)

Ich bekam ein sehr leckeres Frühstück und fuhr gestärkt los. Einen Supermarkt gab es in der Nähe leider nicht, da meine nächste Übernachtungsmöglichkeit auf der Karte aber nach einem größeren Ort aussah, hoffte ich dort etwas zu Essen zu finden. Ich wusste, dass es regen würde, doch war trotzdem ziemlich gut gelaunt, denn der Weg versprach eine tolle Aussicht auf die Berge.
 
Rechts und links von mir thronten die Berge umgeben von einem Wolkenkleid, während ich durch das flache Tal fuhr und mich freute über die Aussicht und die nicht vorhandenen Autos und Menschen und, dass ich all das gerade für mich alleine hatte. Über mehrere Kilometer hinweg. 
 
 Neben den Bergen gab es hier auch viel Grün und einen Fluss, der sich durch die Ebene zog und den ich über eine Brücke überquerte. 
  
Da ich bereits über 40 Kilometer gefahren war, legte ich eine erste Pause ein und hörte einen Podcast. Während ich da saß, kam mir eine Fahrradfahrerin entgegen, deren Gepäck darauf schließen ließ, dass sie auch eine länger Tour vor sich hatte. Sie verriet mir, dass sie aus der französischen Schweiz kam und nun ihre Eltern in Frankreich besuchen wollte. Wir unterhielten und ein wenig, machten noch ein Foto und fuhren dann weiter. 
 
 Nun fing es leider doch, wie angekündigt zu regnen an. Ein paar Kilometer war das gar nicht so schlimm, doch irgendwann wurde der Regen immer stärker und ich war so gut in der Zeit, dass ich mich dazu entschloss in einem kleinen verlassenen Stall am Wegesrand eine Pause zu machen. So saß ich da, hörte einen Podcast und wartete bis der Regen weniger wurde.
 
Tatsächlich wurde der Regen nun entgegen der Vorhersage immer weniger und hörte schließlich ganz auf. So konnte ich mich bei bewölkten Himmel die letzten Kilometer hoch nach Motz kämpfen. Leider musste ich dort feststellen, dass es erst in über 10 Kilometer Entfernung den nächsten Supermarkt gab und dafür müsste ich wieder den Berg hinunter und danach wieder bergauf fahren. In der Unterkunft kaufte ich noch etwas zu trinken und legte in meinem Zimmer dann all das restliche Essen auf den Tisch, das ich noch über hatte. Das war nicht viel, sollte aber für den Abend und nächsten Morgen reichen. Leider gab es kein WLAN in dem Zimmer, sodass es ziemlich schwierig war die Route für den nächsten Tag herunterzuladen. 
 
Ziemlich erschöpft schlief ich dann sehr früh ein, denn am nächsten Tag hatte ich eine Busfahrt über Nacht vor mir und bei der würde ich nicht viel schlafen - das wusste ich schon jetzt.

Sonntag, 14. Mai 2017

Tag 64 - Von Lyon nach Pressins (01. Mai)

Nach dem Frühstück suchte ich im Internet nach dem nächsten Supermarkt, um Proviant zu kaufen, doch leider hatten die meisten Geschäfte zu, da ja "Tag der Arbeit" war. Und an dem arbeitet keiner...hat da mal jemand drüber nachgedacht? So habe ich für ein paar Euro etwas vom Frühstücksbüffet des ibis-Hotels mitgenommen. 
 
Der erste Abschnitt der Strecke ging dann durch den weniger schönen Teil von Lyon, eine sehr arme Gegend. Der Müll lag auf den Straßen und freilaufende wenig gesund aussehende Hühner pickten darin herum. 
 
Obwohl der Wind stärker war, als erwartet, war meine Laune ziemlich gut, denn ich hatte mir den "Guardians of the Galaxy"-Soundtrack runtergeladen und hörte diesen nun rauf und runter. Mich konnte nichts aufhalten, außer der große Markt in einer Stadt, der viele Absperrungen mit sich zog. So musste ich einen größeren Umweg fahren, doch das störte mich gar nicht.
 
In einem Laden kaufte ich mir dann noch ein Eis, um kurz darauf Pause zu machen sowie ein Baguette. Nach einer sehr kurzen Eispause, da ich mich bei dem ganzen Stadttrubel nicht richtig entspannen konnte, ging es ein paar Kilometer bei Sonnenschein und blauem Himmel weiter zu einem Spielplatz, bei dem es eine Bank gab. Dort setzte ich mich hin, aß etwas und hörte ganz entspannt eine neue Folge "Fest und Flauschig", der Podcast mit Olli Schulz und Jan Böhmermann.
 
Je weiter ich fuhr, desto ländlicher wurde die Gegend und es tauchten immer mehr Berge auf. Hier gab es nun wieder mehr Bauernhöfe und es roch nach Urlaub. 
 
Ich fand meine Unterkunft sehr schnell und wurde von der Gastgeberin sehr nett empfangen, die mir alles zeigte. Mein Zimmer war sehr schön und für den Preis ziemlich groß.

Tag 62 bis 63 - In Lyon (29. - 30. April)

Den Vormittag in Lyon verbrachte ich hauptsächlich mit Ausschlafen und einem entspannten Frühstück. Das Wetter war entgegen der Vorhersagen perfekt, wenn auch ein wenig windig. Daran hatte ich mich aber mittlerweile gewöhnt. Bei blauen Himmel und strahlender Sonne machte ich mich zu Fuß auf in Richtung Innenstadt von Lyon. Ich ging durch einen gut besuchten Park und dann über eine Brücke mit einer schönen Aussicht auf die Stadt und auf der anderen Seite auf ein architektonisch beeindruckendes Museum.
 
Nachdem ich noch ein paar Kilometer durch Lyon geschlendert war, fand ich schon das Einkaufszentrum, in dem ich etwas Essen gehen wollte. Ich fand dort eine Vapiano-Filiale, bei der ich wusste, was ich bekommen würde, doch der Laden sah so Vapiano-untypisch verlassen aus, dass ich befürchtete, er wäre geschlossen. Doch dem war zum Glück nicht so und während ich meine Pizza aß, kamen noch ein paar weitere Gäste dazu. 
 
In dem Kino, das sich ebenfalls in dem Einkaufszentrum befand, wollte ich den neuen "Guardians of the Galaxy"-Film sehen, doch bis der startete, dauerte es noch einige Minuten. So setzte ich mich nach draußen, telefonierte noch kurz mit meinen Eltern und sah im Himmel eine Liebesbotschaft, die mit einem Flugzeug in den Himmel gemalt wurde. Romantisch können die Franzosen...
 
Ich sah mir den Film dann auf Englisch mit französischen Unteriteln an und konnte die ziemlich schnell ausblenden. Der Film gefiel mir unglaublich gut und besonders der Soundtrack hat es mir angetan. Als ich nach draußen trat, war es schon wieder dunkel.
 
Auf dem Weg zurück zum Hotel kamen mir erst einmal hunderte Fußballfans entgegen, die nach dem Spiel leider genau in meine entgegengesetzte Richtung mussten. Außerdem musste ich feststellen, dass sich keine zweihundert Meter von dem Hotel der Straßenstrich von Lyon befand.

Den nächsten Tag nutzte ich, um ein paar Mails und WhatsApp-Nachrichten zu beantworten, Blog-Posts zu schreiben und meine Weiterreise zu organisieren.

Tag 61 - Von Chanas nach Lyon (28. April)

Ein Tag, den ich mir ganz furchtbar windig vorgestellt habe, der dann doch besser, aber immer noch voller hoher Höhen und tiefer Tiefen war. Der Anfang war direkt ziemlich hart. Dass es wolkig und windig werden würde, hatte ich erwartet, aber nun war es wieder ziemlich kalt, ich war von den zwei vorherigen Tagen erschöpft und direkt zu Beginn musste ich einige hundert Meter über einen unebenen Weg fahren, der kein schnelles Tempo zuließ. Noch dazu war alles vollgemüllt, so sah die Gegend noch nicht einmal schön aus. 
 
Langsam wurde der Weg besser, während ich nah an Schienen weiterfuhr. Vor mir tat sich dann ein kleiner Bach auf, der auch über den Weg floss und von weitem, genau wie auf dem Foto ziemlich harmlos aussah, doch als ich ihn durchquerte, war ich überrascht, was für eine Kraft dieses kleine Bächlein doch hatte. 
 
Wieder ging es viel über Flüsse hinüber und an ihnen entlang. So konnte ich immerhin die schöne Natur genießen, obwohl der Wind meine Laune trübte. Auf einem dieser langen Wege an einem der vielen Flüsse Frankreichs entlang, die bei Fahrradfahrern so beliebt sind, sah ich ein Radfahrerpärchen, das verzweifelt eines ihrer Fahrräder beäugte. Ich hielt an und fragte auf Englisch, ob sie denn Hilfe benötigten. Leider konnten die beiden nicht gut Englisch, konnten mir aber zu verstehen geben, dass sie Werkzeug benötigten. Das hatte ich in meiner Lenkertasche und konnte ihnen so schnell helfen. Sie bedankten sich und ich ich freute mich, dass das Werkzeug nun nach über zwei Monaten eine Verwendung gefunden hatte. 
 
Zunehmend wurde das Wetter nun besser, teilweise sogar richtig gut und warm. Die vielen Städte, durch die ich fuhr schützten mich vor dem Wind und so war die zweite Hälfte deutlich leichter zu fahren. Am Fluss, in der Nähe einer Brücke machte ich noch eine Pause, bevor es gut gelaunt weiter in Richtung Lyon ging.
 
Ich war keine drei Kilometer von dem ibis-Hotel in Lyon entfernt, als es noch einmal richtig unangenehm wurde. Die App lotste mich nämlich für etwa 500 Meter auf eine Autobahn. Als ich das merkte, konnte ich schon nicht mehr umkehren und fuhr auf dem breiten Seitenstreifen so weit, wie möglich von den an mir vorbeisausenden Autos entfernt. Dadurch, dass ich ganz rechts fuhr, fuhr ich ohne es zu wissen auf eine Ausfahrt zu einer weiteren Autobahn in Richtung Paris zu. So musste ich anhalten und die Lage erörtern. Die Fahrbahn in Richtung Lyon, die dann auch keine Autobahn mehr war und mich trennten zwei Fahrbahnen, die viel befahren waren. Irgendwie musste ich es rüber schaffen. Während ich also darauf wartete, dass der Autostrom nachließ, dachte ich an die Horrorgeschichten von Menschen, die nach einem Autounfall auf der Autobahn helfen wollten und das Tempo der anderen Autos unterschätzten und so auch angefahren wurden. Das wollte ich nach Möglichkeit umgehen. Während ich also da stand und am ganzen Körper zitterte, würde ich von ein paar Autofahrern wütend angehupt. Verständlich, dachte ich, schließlich hat ein Fahrradfahrer nichts auf der Autobahn verloren. Idiot. Aber ich glaube, dass ich auch nicht den Eindruck machte, dass mir das Ganze hier großen Spaß machte.
 
Irgendwann hatte ich es dann endlich geschafft und kam im Hotel an. Als ich mich im Zimmer auf das Bett setzte, zitterte ich immer noch am ganzen Körper und war froh diese Situation heil überstanden zu haben.